Veröffentlichungen

08.10.2014

Zu LG Berlin 15 O 518/13

Im hier von uns veröffentlichten Urteil haben wir einen Fotografen bei einer Klage wegen einer urheberrechtswidrigen Nutzung mehrerer Fotografien im Internet vertreten. Die Beklagte betreibt im Bereich der Personaldienstleistung, Unternehmensberatung und Finanzdienstleistung eine gewerbliche Webseite, auf der insgesamt sieben Bilder, deren Urheber unser klagender Mandant ist, präsentiert wurden.

Wie sehen die gesetzlichen Vorgaben für unsere Klage aus?

Jede öffentliche Nutzung einer Fotografie, die der Nutzer nicht selbst angefertigt hat, verstößt gegen das Urheberrecht des Fotografen, wenn die Nutzung nicht auf Grundlage eines von diesem eingeräumten Nutzungsrechts (sogenanntes Lizenzrecht) erfolgt.

Wird das Urheberrecht des Fotografen auf diese Weise verletzt, räumt ihm das Urhebergesetz eine Reihe von Möglichkeiten ein, sich gegen die rechtswidrige Nutzung seines Werkes zur Wehr zu setzen:

  1. Dem Urheber steht gegen den Nutzer ein Beseitigungsanspruch zu. Er kann also vom Bildnutzer verlangen, den rechtswidrigen Zustand zu beenden (etwa durch komplette Entfernung des Bildes von der betreffenden Webseite). (§ 97 Abs. 1 UrhG)
  2. Der Urheber kann die künftige Unterlassung der rechtswidrigen Bildverwendung vom Nutzer verlangen. Dieser Anspruch ist also auf ein Verhalten des Verletzters in der Zukunft gerichtet. (§ 97 Abs. 1 UrhG)
  3. Dem Urheber steht außerdem ein Schadenersatzanspruch zu, falls den Bildnutzer hinsichtlich der rechtswidrigen Bildnutzung ein Verschulden (also Vorsatz oder Fahrlässigkeit) trifft. (§ 97 Abs. 2 UrhG)
  4. Schließlich kann der Urheber vom Verletzer seiner Rechte Ersatz der Rechtsverfolgungskosten verlangen, die ihm bei der außergerichtlichen Verfolgung seiner Rechte (in aller Regel in Form einer anwaltlichen Abmahnung) angefallen sind. (§ 97a Abs. 1 Satz 2 UrhG)

Worum ging es nun konkret im hier dargestellten Rechtsstreit?

Unser Mandant machte gegen die Betreiberin der Webseite einen Schadenersatzanspruch geltend und verlangte außerdem Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Form von Anwaltshonoraren.

Den Beseitigungsanspruch hatte die Beklagte bereits auf die außergerichtliche Abmahnung erfüllt. Bezüglich des Unterlassungsanspruchs hatte die Beklagte eine sogenannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Diese begründet einen Vertrag zwischen dem Urheber und dem Verletzer, in dem sich dieser verpflichtet, die betreffende rechtswidrige Bildnutzung zukünftig zu unterlassen und für den Fall eines Verstoßes gegen diese Pflicht eine Vertragsstrafe zu zahlen. Durch diese Erklärung war auch der Unterlassungsanspruch unseres Mandanten bereits außergerichtlich „erledigt“.

Zahlungen auf Schadenersatzansprüche unseres Mandanten oder auf dessen Ersatzanspruch bezüglich der Rechtsverfolgungskosten hatte die Beklagte aber trotz mehrfacher außergerichtlicher Aufforderungen und trotz unserer intensiven Bemühungen um eine Vergleichsregelung nicht geleistet.

Insofern blieb unserem Mandanten daher nur noch der Weg zu den Gerichten.


Wie hat sich die Beklagte gegen die Ansprüche unseres Mandanten gewehrt?

Die Beklagte wehrte sich gegen die Ansprüche unseres Mandanten, indem sie behauptete, die betreffenden Fotografien auf der Internetplattform www.pixelio.de heruntergeladen zu haben. Dort registrierte Nutzer könnten schließlich ein Nutzungsrecht für die heruntergeladenen Fotografien erwerben. Daher sei die Veröffentlichung der Fotografien unseres Mandanten von vornherein gar keine urheberrechtswidrige Bildnutzung.

Außerdem wandte sie gegen den Schadenersatzanspruch unseres Mandanten ein, sie treffe kein Verschulden im Sinne einer Fahrlässigkeit. Sie sei in urheberrechtlichen Dingen völlig unerfahren.


Unsere Klage vor dem Landgericht Berlin hatte im Wesentlichen Erfolg.

Warum konnten die Einwände der Beklagten nicht verfangen?

Die Behauptung der Beklagten, sie habe die Bilder unseres Mandanten vom Portal www.pixelio.de erlangt, mag zutreffen. Zutreffend ist auch, dass dort registrierte Nutzer beim Download von Bildmaterial vom anbietenden Fotografen ein Nutzungsrecht für das Bild erwerben können.

Dieses Nutzungsrecht beruht auf einem Vertrag zwischen dem Nutzer und dem anbietenden Urheber, der durch das Hochladen des Bildes durch den Fotografen einerseits und durch den Download seitens des jeweiligen Nutzers andererseits zustande kommt.

Was die Beklagte aber außer Acht ließ, ist dass dieser Nutzungsvertrag Bedingungen für eine rechtmäßige Bildnutzung beinhaltet. Diese Bedingungen sind für alle Nutzer über entsprechende Links, die auf der Webseite des Anbieters pixelio.de klar und eindeutig platziert sind, abrufbar.

Ein ganz zentraler Bestandteil dieser Nutzungsbedingungen in der für den Rechtsstreit relevanten Fassung ist die Pflicht des Nutzers,


bei jeder Bildnutzung in der für die jeweilige Verwendung üblichen Weise und soweit technisch möglich am Bild selbst oder am Seitenende Pixelio und den Urheber mit seinem beim Upload des Bildes genannten Fotografennamen bei Pixelio in folgender Form zu nennen „©Fotografenname/PIXELIO“


Die Beklagte hatte den Namen unseres Mandanten als Urheber der genutzten Bilder unstreitig an keiner Stelle der von ihr betriebenen Webseite genannt. Sie hatte es bei einer bloßen Nennung des Portals als Bildquelle im Impressum ihrer Webseite belassen.

Unserer Argumentation folgend, schloss das Landgericht aus diesem Umstand, dass die Beklagte auch bei einem Download der Bilder auf dem Portal www.pixelio.de kein Nutzungsrecht für die Fotos unseres Mandanten erworben hat. Dort werde ein Nutzungsrecht ohne namentliche Nennung des jeweiligen Fotografen nicht angeboten.

Das Gericht nennt die Benennungspflicht der Bildnutzer aus dem Lizenzvertrag auf Seite 5 des Urteils ausdrücklich und sehr treffend „Gegenleistung“ des Bildnutzers für die Einräumung der kostenfreien Nutzungsmöglichkeit. Wiederholt betont das Gericht ebenso zutreffend den Werbeeffekt, der mit dieser Namensnennung für den Fotografen verbunden ist.


Die zentrale Aussage des Urteils lautet also vereinfacht gesagt: Ohne namentliche Nennung des Urhebers, kein Nutzungsrecht über das Bildportal www.pixelio.de!

Auch die Sichtweise der Beklagten, sie habe bei der widerrechtlichen Bildnutzung nicht fahrlässig gehandelt, weist das Landgericht unmissverständlich zurück und bestätigt die klare Linie, die alle deutschen Gerichte insofern seit Jahren verfolgen: Wer ein urheberrechtlich geschütztes Werk eines Dritten öffentlich nutzt ohne sich über die Frage eines Nutzungsrechts zu vergewissern, handelt fahrlässig und daher schuldhaft!

Selbstverständlich konnte sich die Beklagte hiergegen auch nicht mit einer angeblichen „Unerfahrenheit im Urheberrecht“ wehren. Wer sich nicht auskennt, muss sich Rat von jemandem holen, der besser informiert ist!

Besonders interessant werden die Ausführungen des Landgerichts zur Höhe der Schadenersatzpflicht der Beklagten.


Wie viel muss die Beklagte denn nun zahlen?

Ausgangspunkt hierfür ist der klare Wortlaut des Gesetzes:


„Der Schadenersatzanspruch kann auch auf Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte“ (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG).


Der Urheber kann seinen Schaden also in Form einer fiktiven Lizenzgebühr berechnen.
Das Landgericht geht also zutreffend von der Frage aus „was vernünftige Vertragsparteien bei vertraglicher Einräumung als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommene Verletzungshandlung vereinbart hätten.“

Zur Berechnung dieser fiktiven Lizenzgebühr zieht das Landgericht – auch insofern unserer Argumentation folgend – die Honorartabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) heran, die jährlich veröffentlicht werden. Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Kammergerichts ist das Landgericht der Auffassung, die dort angesetzten Honorarsätze beruhten auf einem „empirischen System“, das „objektiv ermittelt“ wurde. Daher kann der Richter diese Vorgaben im Rahmen einer Schadensschätzung heranziehen.

Die auf Grundlage dieser Honorarsätze berechnete fiktive Lizenzgebühr hängt vor allem von der Art der Bildnutzung (Internet, Tageszeitung, …) und (bei einer Online-Nutzung) von deren Dauer ab.

In der konkreten Berechnung weicht das Landgericht nun in Details von unserer Berechnungsmethode ab. Auf dieser abweichenden Anwendung der MFM-Vorgaben beruht die teilweise Klageabweisung. So ist das Landgericht z.B. der Auffassung, bei der Nutzung von mehreren Bildern des gleichen Urhebers sei es angezeigt, einen „Paketrabatt“ anzusetzen, den das Gericht mit 10% taxiert.

Auch wenn diese Auffassung rechtlich vertretbar ist, haben wir nach wie vor unsere Zweifel: Derjenige, der eine Vielzahl von Werken widerrechtlich nutzt, steht in der Summe jetzt besser als ein Nutzer, der nur ein Foto rechtswidrig verwendet. In unseren Augen ein eigenartiges Ergebnis.

Auf den so errechneten Schaden in Form einer fiktiven Lizenzgebühr addiert das Landgericht einen 100 %igen Zuschlag, der auf der fehlenden namentlichen Nennung unseres Mandanten als Urheber des Bildes beruht. Das Recht zur Benennung steht dem Urheber bereits kraft Gesetzes zu (§ 13 UrhG) und hat in den Augen des Gerichts einen eigenen wirtschaftlichen Wert für den Urheber. Auch hier ist das Gericht in vollem Umfang unserer Sichtweise gefolgt.


Und was ist mit den Anwaltskosten unseres Mandanten?

Von höchster Relevanz ist die Äußerung des Landgerichts zum Ersatzanspruch unseres Mandanten hinsichtlich der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Diese (es handelt sich schließlich um Rechtsanwaltskosten) berechnen sich nach dem Rechtanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das die Honorare vom Gegenstandswert abhängig macht.

Das Landgericht bestätigt den von uns angesetzten Streitwert von 6.000,00 Euro (pro Fotografie) für die in der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche unseres Mandanten ausdrücklich. Das Gericht beruft sich dabei auf eine Rechtsprechung des Kammergerichts aus dem Jahre 2011, bei dem für die rechtswidrige Nutzung vergleichbarer Fotografien sogar ein Streitwert von 9.000,00 Euro pro Bild angesetzt wurde. Wir waren bei der Berechnung unserer anwaltlichen Honorare somit sogar noch zurückhaltend.


Fazit

Dem Fotografen wurden gerichtlich seine Forderungen vollumfänglich zugesprochen.
Unterschätzen Sie nicht Ihre starke Rechtsposition als Urheber. Wir vertreten auch Sie gerne.

Zum Volltext des Urteils geht es hier.